Reihe „Schätze der Rauenberger Kirchengemeinde - Erbe unserer Ahnen“

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Folgen Sie uns heute auf unsere Zeitreise zurück ins 18. Jahrhundert. Zu dieser Zeit entstand das südlichste Wegkreuz in Rauenberg das „schwarze Kreuz“. Diese Kreuzanlage befindet sich: B: 49° 16' 17 Nord und L: 8° 40' 26 Ost. Unser Rundweg von der St. Annakapelle - Bildstöckel - Lourdeskapelle - „weißes Kreuz“ - „schwarzen Kreuz“ und wieder zurück zur Annakapelle hat die Länge von 5 km. Suchen Sie eine Motivation für Ihren Sonntagsspaziergang? Dann navigieren Sie sich mit Ihrem Handy einfach zu unseren kirchlichen Schätzen in den Rauenberger Weinbergen und Feldern. Sie werden sehen, es wird eine interessante Wanderung für die ganze Familie.
Den historischen Teil unserer Reihe recherchierte wie immer Dr. Dieter Wagner.

29.10.12: Das „schwarze Kreuz“
Biegt man von der Kreisstraße nach Malschenberg rechts ab in die Straße „Höfe am Sträßel“ und geht man in nördlicher Richtung immer geradeaus vorbei an den Aussiedlerhöfen, gelangt man im Gewann „Zinsäcker“ zu einem Feldkreuz, das im Volksmund „Schwarzes Kreuz“ genannt wird. Es steht an der rechten Seite des geteerten Feldwegs in einem Acker auf einem kleinen mit Steinplatten eingefassten und mit einem Rosenstock bepflanzten Platz zwischen zwei noch jungen Mandelbäume. Neben dem Kreuz lädt eine Bank zum Verweilen ein.

Ursprünglich stand an dieser Stelle ein Holzkreuz, wie aus dem vom Bischof von Speyer Kardinal Damian Hugo von Schönborn angeforderten und von der politischen Gemeinde angefertigten Verzeichnis der auf der Rauenberger Gemarkung stehenden Kapellen und Kreuze aus dem 1743 hervorgeht. Dort heißt es: „Ein Hültzernes Kreutz Stehet auff der Mittel Straß mitten in dem ackerfeld oben an den Zeillbäumen der Stifter Martin reinhard Hat solges zu gemelter Intention auffgerichtet hat Keine Stiftung.“ Der angegebene Standort „an den Zeillbäumen“ meint das heutige Gewann „Zinsäcker“, in das das frühere Gewann „Zeilbäume“ aufgegangen ist. Der Stifter des Holzkreuzes war der Müller Martin Reinhard, der von 1671 bis 1767 lebte. Er war in erster Ehe seit 1722 mit der Witwe Maria Barbara Weisskapp geb. Fischer, die vier Kinder besaß, verheiratet. Als seine Ehefrau 1762 im Alter von 81 Jahren gestorben war, heiratete er im selben Jahr im Alter von 91 Jahren die 31-jährige Maria Magdalena Groß. Beide Ehen blieben kinderlos. In welchem Jahr Martin Reinhard das Kreuz gestiftet hat, ist nicht überliefert. Sicher ist nur, dass es vor 1743 errichtet worden ist. Die Formulierung „der Stifter Martin reinhard Hat solges zu gemelter Intention auffgerichtet“ bedeutet, dass bei den Flurprozessionen am Tag der Kreuzfindung, das ist der 3. Mai, und am Hagelfeiertag jeweils hier Station gemacht und ein Evangelium gesungen werden sollte. Die Hagelfeier oder Schauerfeier war ein Bittgottesdienst und eine Flurprozession am 26. Juni, dem Tag der „Wetterherren“ Johannes und Paul, zum Schutz der Felder und Weinberge vor Hagelschlag. Diese Zweckbestimmung bezog sich auf alle vier Stationen der jährlichen Flurprozessionen. Der Vermerk am Schluss des Textes „hat Keine Stiftung“ meint, dass außer den Kosten für die Errichtung des Feldkreuzes kein weiterer Betrag gestiftet worden ist.

Das „schwarze Kreuz“ Das „schwarze Kreuz“

Als das Holzkreuz in den folgenden Jahrzehnten durch die Witterungseinflüsse unansehnlich und morsch geworden war, stiftete Jakob Weisskapp mit seiner Ehefrau Eva Catharina 1763 ein steinernes Flurkreuz, das auf demselben Platz errichtet wurde. Jakob Weisskapp war Küfer und lebte von 1713 bis 1798. Als sein Vater Nikolaus Weisskapp, der ebenfalls Küfer war, 1721 im Alter von 46 Jahren gestorben war und vier Kinder hinterlassen hatte, heiratete seine Mutter Maria Barbara geb. Fischer 1722 den verwitweten Müller Martin Reinhard, den oben genannten Stifter des Holzkreuzes im Gewann „Zinsäcker“. Jakob Weisskapp heiratete 1736 Maria Catharina Greulich, die aber 1755 im Alter von 37 Jahren starb. Die Ehe war kinderlos geblieben. Im selben Jahr heiratete er in zweiter Ehe die 21-jährige Eva Catharina Groß, die Tochter des Bauern und Schultheißen von Malsch Johann Michael Groß. Auch die zweite Ehe blieb kinderlos. Das Ehepaar Weisskapp war begütert. Es besaß in der heutigen Hauptstraße (Anwesen Tremmel) ein zweistöckiges Haus mit Scheuer, Stall und Hofraitung sowie einen dazugehörigen großen Garten. Jakob war ein angesehener Bürger. 1759 wird er als Mitglied des Dorfgerichts erwähnt, das damals aus dem Schultheiß, dem Anwalt und sechs Gerichtspersonen bestand. Von 1767 bis 1772 war er Rauenberger Schultheiß. Als 1783 für die Kirche drei neue Glocken angeschafft wurden, die von der Glockengießerei Anselm Franz Speck in Heidelberg gegossen wurden, hat Jakob Weisskapp mit seiner Ehefrau Eva Catharina die kleinste Glocke gestiftet. 1910 wurden diese drei Glocken von der alten Kirche, die auf dem Platz des heutigen Pfarrzentrums stand, in die neuerbaute Kirche an der Wieslocher Straße überführt. Im Ersten Weltkrieg wurden 1917 die Glocken für die Kriegswirtschaft beschlagnahmt und abtransportiert. Nur die kleinste Glocke durfte bleiben und versah bis 1921 allein ihren Dienst. 1921 wurde vier neue Glocken aus Gussstahl angeschafft. Die kleine Bronzeglocke passte nicht zu dem neuen Geläut und wurde 1923 nach Meckesheim verkauft und von dort nach Reichartshausen weiterverkauft. Im Tausch gegen eine neugegossene Glocke kehrte die Rauenberger Glocke nach 80 Jahren 2003 bei der 700-Jahr-Feier der Stadt Rauenberg wieder in ihren Heimatort zurück und befindet sich heute im Winzermuseum.

Das „schwarze Kreuz“ Das „schwarze Kreuz“

Flurkreuze haben neben der religiösen Funktion noch eine weitere Funktion. Sie sind nämlich für die Bevölkerung auch noch markante Orientierungspunkte in der Gemarkung. Auf der Rauenberger Gemarkung gab es außerhalb des Ortsetters seit 1763 zwei steinerne Flurkreuze: das von Peter Leyer 1714 gestiftete Flurkreuz und das von Jakob Weisskapp und seiner Ehefrau Eva Catharina geb. Groß 1763 gestiftete Flurkreuz. Um nun diese beiden steinernen Flurkreuze zu unterscheiden, gab der Volksmund ihnen einen Namen. Da das von Peter Leyer gestiftete Kreuz aus hellbraunem Sandstein mit rotbraunen Einschlüssen hergestellt worden ist, bekam es wegen seiner hellen Farbe den Namen „weißes Kreuz“. Das von Jakob Weisskapp gestiftete Kreuz ist aus dunklerem rötlichen Sandstein gefertigt worden und wurde daher als Gegensatz zum „weißen Kreuz“ „schwarzes Kreuz“ genannt.

Das „schwarze Kreuz“ Das „schwarze Kreuz“

Das aus dunklem rötlichen Sandstein hergestellte barocke Flurkreuz besteht aus mehreren Teilen. Der obere Teil mit dem Korpus des gekreuzigten Christus ist aus einem einzigen Steinblock herausgemeißelt worden. Der 19 cm breite und 18 cm starke Längsbalken des oberen Teils hat eine Höhe von 103 cm. Der Querbalken, auf dem das 49 cm hohe abgerundete Endstück des Längsbalken mit der Kreuzesinschrift steht, hat eine Länge von 97 cm. Diese beiden oberen Teile des Flurkreuzes werden von einem 143 cm hohen Kreuzesstamm getragen, der im unteren Teil 25 cm breit und 21 cm tief ist und sich oberen Teil etwas verjüngt. Das gesamte Kreuz steht auf einem 120 cm hohen mit Basis und Kapitell versehenen Sockel, der aus drei Teilen zusammengesetzt ist. Der mittlere Teil des Sockels ist 46 cm breit, 59 cm tief und 76 cm hoch. Die Oberseite des Sockels hat eine Breite von 53 cm und eine Tiefe von 59 cm. Damit hat das Flurkreuz eine stattliche Gesamthöhe von 4,15 m. Auf dem unteren Teil des Kreuzesstammes befindet sich ein 25 cm breites und 65 cm hohes Flachrelief, dessen Ecken mit Muscheln geschmückt sind und das die Darstellung einer stilisierten Lilie zeigt. Auf der Vorderseite des Sockels befinden sich der bei Flurkreuzen übliche fromme Spruch, die Namen der Stifter und die Jahreszahl der Errichtung. Das Inschriftfeld ist ebenfalls in den Ecken mit Muscheln verziert und beginnt mit folgendem Gebet: „ O Jesu libster / Jesu mein, durch das / bittere leyden dein, / stehe mir bey in meinem / Tod. verlas mich nicht / in letzter noth. / Jacob Weiskapp / mitt Catharina Weis / kappin von Rauenberg / aufgericht d. 16ten May / 1763“ . Wegen seiner Höhe von über 4 Metern kann das Flurkreuz als Hochkreuz bezeichnet werden. Diese Höhe erklärt sich wahrscheinlich dadurch, dass das Flurkreuz in einem Acker an einem Feldweg stand und weithin sichtbar über dem dort vorhandenem Gebüsch hervorragen sollte. Von Renovierungen des Flurkreuzes im 18. und 19. Jahrhundert ist nichts überliefert. Im 20. Jahrhundert wurde das Flurkreuz renoviert, wie aus der Inschrift „RENOV. 1981“ auf der Rückseite des Kreuzesstammes zu entnehmen ist. Demnächst soll das Flurkreuz fachmännisch gereinigt und konserviert werden.

Dr. Dieter Wagner

Patenschaft für das schwarze Kreuz
Vor einigen Jahren verlor Robert Klefenz bei einer Wanderung sein Herz an dieses Wegkreuz. Eingewachsen von Hecken und Sträuchern stand das Kreuz vergessen am Wegrand. Zuerst befreite er die Kreuzanlage vom Wildwuchs und fasste den Sockel mit Steinplatten ein. Hermann Greulich, der die Arbeiten am Wegkreuz bemerkte, stiftete 2 seiner Mandelbäume, die sich prächtig entwickeln. Seit dieser Zeit besuchen wieder Wanderer und Spaziergänger dieses Kreuz - suchen in seiner Nähe Ruhe und Stille. Viele brennen eine Kerze an und beten. Bis heute sorgt sich Herr Klefenz um dieses Kreuz. Er hält den Platz sauber und pflegt liebevoll die Hecken und Sträucher. Es gibt noch einen „stillen Paten“ für dieses Kreuz, der bei seinen Spaziergängen zum „schwarzen Kreuz“, leere Flaschen und anderer Unrat entfernt. Dieses Engagement hat diesem kirchlichen Kleinod die Zukunft gesichert und allen einen schönen Ruheplatz in den Weinbergen geschaffen.
Ein herzliches Dankeschön und „Vergelt's Gott“ an Herr Robert Klefenz und dem „stillen Paten“ für die übernommenen Arbeiten an diesem besonderen Wegkreuz.
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