Reihe „Schätze der Rauenberger Kirchengemeinde - Erbe unserer Ahnen“

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07.09.14: Das Kreuz von 1718
An der Ecke Hauptstraße/Landfriedstraße steht ein Steinkreuz, das nahezu 300 Jahre alt ist. In einer im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrten Liste der in Rauenberg vorhandenen Kapellen und Kreuze von 1743 sind die Standortbezeichnungen, die Namen der Stifter und der jeweilige Zweck der Errichtung verzeichnet. Diese Liste wurde angefertigt auf Grund einer Anordnung des damaligen Bischofs von Speyer, Kardinal Damian Hugo von Schönborn, an die Gemeinden seines Bistums, sämtliche Kapellen, Bildstöcke, Bildhäuser und Kreuze zu melden. Da der damalige Pfarrer Balthasar Eckert (1739-1762) gerade nicht in Rauenberg weilte, übernahm der Kaplan Marcellianus Megonus, ein Kapuzinerpater vom Kloster Waghäusel, am 28. Juli 1743 diese Meldung für die Pfarrgemeinde Rauenberg, wobei er ein von der Gemeindeverwaltung aufgestelltes „Verzeichnuß deren Capellen und Creutz Aufrichtungen hier in rauenberg“ benutzte, das von Schultheiß Michael Fischer, dem Anwalt Hans Adam Greulich und den sechs Gerichtspersonen Leonhard Sauer, Jakob Weiß, Lorenz Moser, Ulrich Schlegel, Hans Adam Spannagel und Georg Wachter am 23. Juli 1743 unterzeichnet ist. In diesem Verzeichnis werden zunächst zwei Kapellen und drei Kreuze genannt, die außerhalb des Ortsetters standen, dann ein Bildstock und drei weitere Kreuze, die sich innerhalb des Dorfes befanden. Unter der Nummer 7 wird das hier zu behandelnde Kreuz genannt. Es heißt dort: „Ein Creutz von Stein außgehauen. Stehet mitten im dorf bey der Hschftl. Zehnt scheuer der Stifter Martin Spieß hat solges zu obiger Intention aufgerichtet hat keine Stiftung“. Das Jahr der Stiftung wird wie bei allen anderen Kreuzen und Kapellen in diesem Verzeichnis nicht angegeben. Es geht aus der Inschrift auf dem Sockel des Kreuzes hervor. Der ursprüngliche Standort des Steinkreuzes „mitten im dorf bey der Hschftl. Zehnt scheuer“ ist auch der heutige Standort. Die wenige Meter entfernt stehende Zehntscheuer wurde inzwischen umgebaut und wird heute als Wohnhaus benutzt.

Das Kreuz von 1718 Das Kreuz von 1718

Der Stifter Martin Spieß war ein Maurer aus Tirol, der sich mit seiner Frau Magdalena, die ebenfalls aus Tirol stammte, in Rauenberg niedergelassen hatte. Er lebte von 1684 bis 1719. Der genannte Zweck der Errichtung des Kreuzes „hat solges zu obiger Intention aufgerichtet“ meint, dass das Kreuz wie alle im Dorf stehenden Kreuze als Station bei der jährlichen Fronleichnamsprozession dienen sollte. Der Vermerk am Schluss „hat keine Stiftung“ bedeutet, dass außer den Kosten für die Errichtung des Kreuzes kein weiterer Betrag zur Erhaltung des Kreuzes gestiftet worden ist. Von Martin Spieß ist nicht nur die Stiftung des Steinkreuzes von 1718, sondern auch ein unrühmliches Verhalten überliefert.

In den langwierigen Kriegswirren ist ein Weinberg von einem halben Morgen, der im Gewann „Sperber“ lag und der Pfarrei Rauenberg gehörte, nicht mehr bebaut worden und allmählich verödet. Diesen Weinberg hat Martin Spieß um 1708 als „herrenloses Gut“ angesehen und zu seinem Eigentum erklärt. Der Pfarrer Mathias Schweizer (1715-1721) wandte sich 1719 in einem Schreiben an der Visitator Johannes Heinrich Theys, der zusammen mit Ignazius Volkenstein 1719 eine Visitation in Rauenberg durchführte, schilderte den Sachverhalt und bat um Unterstüzung bei der Rückführung des Weinbergs in das Eigentum der Pfarrei Rauenberg. Das überlieferte Schreiben lautet folgendermaßen: „Hochwürdiger Herr Visitator, Euer Hochwürden thue hirmit underthänig Vortrag, wie daß sich hier zu Rauenberg ein halber morgen Weingarten, im Sperber genant, befündet, welcher halber morgen Weingarten I: lauth des hern Ambtmans von hirschhorn seines lager- und Zins Buchs :I zu der Pfarrey Rauenberg gehöret; Es ist aber diser Weingarten bey denen langwürig Kriegstrubeln, durch etwan einen schläfrigen Pfarrer in abgang kommen, also das er wüst undt edt gelegen; vor ungefähr 11 Jahren aber von einem alhiesigen Bürger Martin Spieß, so jetzt gestorben, sub titulo hernlos gutt, angegrüffen wordt, also das er jetzt diesen Weingarten vor eigenthumb haben will, und weil solcher niehmahls herrnlos gewesen, sondern allezeit die Pfarrey in possessione gewesen ist, als habe hirmit euer Hochwürden underthänigst bitten wollen, mir gnädig verhülflich zu sein, oft ermelten Weingarten wider zur Pfarrey bringen zu kennen. Verharre Euer Hochwürden underthänig gehorsambster diener Mathias Schweitzer p. t. Pfarrer zu Rauenberg“. Es ist nicht überliefert, ob der besagte Weinberg wieder in den Besitz der Pfarrei Rauenberg gekommen ist.

Das aus gelbem Sandstein gefertigte Kreuz besteht aus mehreren Teilen. Der 70 cm lange und 51 cm breite und 46 cm hohe Sockel, der auf einer 94 cm langen, 63 cm breiten und 16 cm hohen Basis ruht, wird durch ein 94 cm langes, 63 cm breites und 16 cm hohes sich nach unten verjüngendes Kapitell abgedeckt. Auf dem Kapitell ruht der 27 cm lange, 20 cm breite und 167 cm hohe Längsbalken des Kreuzes. Auf dem Querbalken steht das 42 cm hohe Endstück des Längsbalkens. Die Kreuzesinschrift fehlt. Da das originale Steinkreuz mit dem steinernen Korpus des gekreuzigten Christus nach über 100 Jahren zu stark verwittert war, wurde es, wie die Inschrift auf dem Sockel angibt, 1826 erneuert. Doch auch das neue Kreuz zeigte nach 108 Jahren so große Schäden, dass es bei der von dem Rauenberger Steinmetz Karl Steidel 1991 durchgeführten Renovierung durch ein neues Steinkreuz ersetzt wurde. Der steinerne Korpus des gekreuzigten Christus wurde dabei nicht erneuert, sondern durch einen weiß gestrichenen Christus-Korpus aus Metall mit golden gestrichener Dornenkrone und Lendenschurz ersetzt. Mit allen Einzelteilen hat das Steinkreuz eine Gesamthöhe von 3,24 m. Die Vorderseite des Sockels enthält folgende lateinische Inschrift: „ CRVX . AVE / SPES . VNICA / E B . I718 . E . N . I(826)“ . Die Inschrift bedeutet: „O Kreuz, sei gegrüßt, du einzige Hoffnung. E(r)B(aut) 1718 E(r)N(euert) 1(826)“ Die letzten drei stark verwitterten und mit Farbe überstrichenen Ziffern der Jahreszahl der Erneuerung des Kreuzes können nur bei genauem Hinsehen gelesen werden. Auf der rechten Seite des Sockel steht: „Renoviert 1991 / Steidel“.
Dr. Dieter Wagner

Patenschaft für dieses Kreuz

Vor Jahren, als das Ehepaar Hopfensperger die Kreuzpflege aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnten, nahm sich das Ehepaar Schneider dem Kreuz an. Renate und Klaus Schneider kümmern sich liebevoll darum. Es steht immer eine Schale mit Blumen auf dem Sockel. Zur Fronleichnamsprozession wird das Kreuz obwohl es heute keine Station mehr ist, von Renate Schneider festlich geschmückt.

Ein herzliches Dankeschön und „Vergelt's Gott“ an Renate und Klaus Schneider für die übernommenen Arbeiten an diesem Wegkreuz.

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Wir wünschen Ihnen eine frohe und gesegnete neue Woche
Ihr Förderverein Kirche